Lange wurden die sogenannten „Killerspiele“, also Spiele an Konsolen oder Computern, verdächtigt, Aggressionen zu fördern und zu manifestieren. Angeblich sei der Konsum von Spielen, die Gewalt beinhalten, schädlich für die Entwicklung und die Friedfertigkeit von Kindern und Jugendlichen.
Auch Studien beschäftigen sich mit diesem Thema, das vor allem durch Amokläufe in Schulen und in der Öffentlichkeit in den Fokus gerückt war. Jetzt erbrachte eine solche Studie, die sich mit dem Spielverhalten von Erwachsenen beschäftigte, ein interessantes Ergebnis.
Die Studie zum Spielverhalten bei Gewaltspielen
Ziel der Studie zum Spielverhalten des Hamburger Universitätsklinikums Eppendorf, war die Untersuchung der Auswirkungen von Spielen mit gewalttätigem Inhalt auf das menschliche Verhalten, insbesondere im Hinblick auf Reizbarkeit und Aggressionen. Im Rahmen der Studie wurden 90 Erwachsene ausgesucht, die in drei Gruppen aufgeteilt wurden. Nähere Informationen zu den Probanden, wie zum Beispiel Geschlecht, Alter oder Hintergrund wurden vom Universitätsklinikum nicht genannt.
Die erste Gruppe der Probanden spielte über den Zeitraum von 2 Monaten hinweg „Grand Theft Auto“. Dieses Spiel beinhaltet explizit aggressives Verhalten, etwa beim virtuellen Autofahren, bei dem Fußgänger angefahren werden.
Der zweiten Gruppe wurde, ebenfalls für 2 Monate, das Social Spiel „Die Sims“ zugeteilt, in dem es um die Erstellung und den Ausbau einer virtuellen Welt inklusive Häuserbau, Arbeit und Familienleben geht.
Die dritte Gruppe sollte sich mit keinem Videospiel beschäftigen und war die Vergleichsgruppe.
Der Aufbau der Studie zum Spielverhalten Jugendlicher
Vor dem Beginn des Experiments wurden allen 90 Teilnehmerinnen und Teilnehmern Tests vorgelegt, die ihr Verhalten untersuchten und anhand derer die Wissenschaftler das individuelle anfängliche Aggressionspotenzial ermitteln konnten. Darunter waren auch Fragen zum persönlichen Verhalten und zur jeweiligen Neigung zur Aggressivität. Parallel wurde die Ausprägung von Empathie und allgemeinem Sozialverhalten mit Fragebögen und persönlichen Gesprächen ermittelt.
In den gesamten 2 Monaten verbrachten die Teilnehmer der ersten und zweiten Gruppe 33 Stunden an Spielkonsolen oder Computern und spielten „GTA“ beziehungsweise „Die Sims“. Das entspricht einer wöchentlichen Spielzeit von etwa 4 Stunden. Nach den zwei Monaten des Experiments wurden die Fragebögen und Tests wiederholt, um einen direkten etwaigen Einfluss der Computerspiele zu messen.
8 Wochen nach dem letzten Spiel wurden die Tests noch ein drittes Mal durchgeführt, um mögliche Langzeitfolgen festzustellen, die sich erst nach dem Abschluss des Experiments entwickelt hätten.
Das Ergebnis der Studie zum Spielverhalten
Nach der Auswertung der Ergebnisse der Fragebögen und Tests aus allen drei Runden gelangten die Wissenschaftler des Hamburger Uniklinikums Eppendorf zu folgendem Ergebnis: Der Konsum von Spielen an Konsole oder Computer mit gewalttätigem Inhalt hatte keine Auswirkungen auf das Verhalten der Spieler. Sie konnten weder kurzfristige noch langfristige Veränderungen bei den Werten der Probanden von Gruppe 1 und Gruppe 2 ausmachen.
Die von Medien und der Öffentlichkeit propagierte Förderung von Aggressionen und gewalttätigem Verhalten sei damit wissenschaftlich nicht erwiesen und hinfällig. Die Leiterin der Studie, Prof. Dr. Simone Kühn aus der Abteilung für Psychologie und Psychotherapie, möchte nun die Studie bei Jugendlichen durchführen, um eine etwaige Verhaltensveränderung bei Heranwachsenden zu messen.
Doch warum gab es bereits Studien, die das Gegenteil bewiesen und eine Beziehung von Gewaltspielen zu einem gesteigerten Aggressionspotenzial herstellten?
Die Widerlegung bisheriger Studien
Studienleiterin Kühn führte mehrere Gründe an, wegen denen vorherige Studien eine direkte Verbindung von Spielen mit gewalttätigem Inhalt und einem aggressiveren Verhalten bei Jugendlichen angeführt hätten.
1. Die Probanden wurden aufgefordert, einige Minuten bis Stunden ein Gewaltspiel zu spielen. Das lässt keine Rückschlüsse auf das Langzeitverhalten zu, die Studien waren ebenfalls nicht auf den Zeitraum von mehreren Monaten angelegt. Das Klinikum Eppendorf war eines der ersten, dass die Befragungen und das Spielen über einen längeren Zeitraum gelegt hätten, um längerfristige Folgen zu untersuchen.
2. Bei besagten Studien wurde auf eine erneute Befragung durch Tests und Fragebögen einige Zeit nach dem Experiment verzichtet. Da die Vergleichsbefragungen nur direkt vor und direkt nach dem Konsum von gewalttätigen Spielen stattfanden, ist es wahrscheinlich, dass sich die Teilnehmer noch nicht vollständig aus der Umgebung des Spiels gelöst hatten.
Das wird in der Psychologie als „Shoot-em-up“ Modus bezeichnet: In diesem Zustand sind die Nerven besonders aktiv und der Spieler befindet sich in einem erregten Zustand. Diese Erregung beziehungsweise das Adrenalin flachen jedoch schnell ab, wenn sich der Spieler mental aus dem zuvor dominierenden Spiel gelöst hat.
Fazit zur Studie des Spielverhaltens bei Jungendlichen
Die Studie des Eppendorfer Klinikums belegt, dass die sogenannten Gewaltspiele keinen wissenschaftlich messbaren Einfluss auf das Sozialverhalten von Spielern haben. Besonders die längerfristige Anlegung dieser Studie erbrachten den zielbringenden Beweis, dass das von Medien geförderte Bild des „aggressiven Videospielers“ nichtzutreffend ist.